9. Dezember 2012

Griechenland-Konditionen der Troika nicht ILO-konform


Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist der Meinung, dass die von der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF Griechenland auferlegten Kreditkonditionen grundlegende Arbeitsrechte aushöhlen, die Position der Gewerkschaften ernsthaft untergraben und den sozialen Zusammenhalt sowie den Frieden in der Gesellschaft gefährden. Während seines letzten Treffens hat der ILO-Ausschuss für Assoziationsfreiheit (CFA) festgestellt, dass „es eine Anzahl wiederholter und extensiver Einmischungen in die Tarifhoheit und einen eklatanten Mangel an sozialem Dialog gibt“. In einem Bericht weist er darauf hin, „dass die Gesetzgebung kein Hindernis für die Tarifhoheit auf der Ebene der Industrie sein sollte“, und warnt davor, dass durch dezentrale Abmachungen unterhalb der Ebene der Tarifverträge das gesamte System der Tarifautonomie gefährdet werden könnte und dies den ILO-Konventionen 87 und 98 widerspreche.

Der CFA-Bericht ist die Reaktion auf eine Beschwerde der Griechischen Allgemeinen Gewerkschaftsföderation (GSEE), der Konföderation der öffentlichen Bediensteten (ADEPY) und weiterer griechischer Gewerkschaftsverbände, die von Internationalen Gewerkschaftsbund (ITUC) unterstützt wurde. Die antigewerkschaftlichen Maßnahmen sind Teil der Troika-Konditionalität und erfolgen unter dem Vorwand der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft und der fiskalischen Konsolidierung, vertiefen jedoch lediglich die Rezession, verschärfen die Arbeitslosigkeit und die prekäre Situation vor allem junger Arbeitnehmer, die inzwischen von Tarifverträgen ausgeschlossen werden und Lohnsenkungen hinnehmen müssen.

Mit ihrer Entscheidung steht die ILO nicht allein. Bereits im Oktober hatte der Europarat die griechischen Arbeitsmarktreformen, die im Anschluss an das „Memorandum of Understanding“ mit der Troika umgesetzt wurden, verurteilt. Sein Ausschuss für soziale Rechte kam zu dem Schluss, dass zwei der Reformen der Europäischen Sozialcharta widersprechen und zurückgenommen werden sollten. Der Vorsitzende des Ausschusses stellte klar und deutlich fest, dass Budgetanpassungen, die durch die Krise notwendig werden, nicht zu einer Erosion der Arbeitsnehmerrechte, wie sie in der Europäischen Sozialcharta festgeschrieben sind, führen dürfen.

Die Krisenpolitik der EU greift mit ihren Auswirkungen indessen auch in anderen Bereichen um sich, etwa im Gesundheitswesen. Nach Angaben der OECD fielen 2010 in Europa erstmals seit Jahrzehnten die öffentlichen Gesundheitsausgaben. An der Spitze der Kürzungen stehen ausgerechnet die Krisenländer Irland, Estland, Griechenland und Litauen. Es folgt die Tschechische Republik, die zwar nicht auf der Liste internationaler Krisenprogramme steht, der Austeritätslinie der Troika inzwischen aber aus eigenem Antrieb bzw. angetrieben von der eigenen Regierung folgt.

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